Arthrose

Vorzeitiger Gelenkverschleiß mit schmerzhaften Folgen


TEXT Dr. Claudia Veit FOTOS RZV-Fotoarchiv

Vorzeitiger Gelenkverschleiß wird als Arthrose bezeichnet. Solche degenerativen Gelenkerkrankungen betreffen nicht nur Menschen, sondern auch Tiere. In höherem Lebensalter sind arthrotische Gelenkveränderungen zwar beinahe normal, aber Arthrose tritt vorzeitig, also schon in jüngeren Jahren auf. (Im Unterschied zur degenerativen Arthrose ist die entzündliche Arthritis eine schmerzhafte Gelenkentzündung.)

Wie sieht ein gesundes Gelenk aus?
Zwei oder mehr Knochen können durch ein mehr oder weniger bewegliches Gelenk verbunden sein. Beispielsweise wird das Hüftgelenk von zwei Knochenanteilen gebildet (dem Oberschenkelkopf und der Hüftgelenkspfanne, die genau genommen aus mehreren verwachsenen Knochen besteht). Das Ellbogengelenk setzt sich aus drei Knochen zusammen, nämlich dem Oberarmknochen und den beiden Unterarmknochen Elle und Speiche. Das Handwurzelgelenk bzw. Vorderfußwurzelgelenk besteht aus zwei Gelenkreihen kleiner Einzelknöchelchen zwischen den beiden Unterarmknochen und den vier Mittelfußknochen.

Die Form der Gelenkknochen ist optimal aufeinander abgestimmt. So wird ein gleichmäßiger Kontakt der Gelenkflächen und eine möglichst reibungslose, verschleißfreie Bewegung ermöglicht. An den gelenkseitigen Kontaktflächen ist der Knochen von glattem Knorpel überzogen. So wird die Form der gelenkbildenden Knochen noch besser auf das Gegenstück angepasst. Der sogenannte hyaline Knorpel dient als Stoßdämpfer und Gleithilfe. Er enthält elastische Bindegewebsfasern, speichert sehr viel Flüssigkeit und ist nicht durchblutet. Ernährt wird er allein durch die Gelenkflüssigkeit, die bei der wechselnden Be- und Entlastung während der Bewegung in den Knorpel ein- bzw. ausströmt. (Das ist wie bei der Hornhaut des Auges, die ausschließlich durch Tränenflüssigkeit und Kammerwasser ernährt wird und ohne regelmäßigen Lidschlag Schaden nimmt.)
Die Gelenkflüssigkeit oder Synovia ernährt nicht nur den Gelenkknorpel, sondern optimiert als zähe Gelenkschmiere die reibungslose Bewegung. Das kann man sich vorstellen wie Schmieröl in einem Kugellager. Diese Flüssigkeit verbessert die Stabilität des Gelenks. Versuchen Sie mal, zwei nasse Glasplatten voneinander zu lösen – schwierig, nicht wahr? Die Kohäsionskräfte, die geradezu wie Klebstoff wirken, lassen nicht nur ein Weinglas am Untersetzer „festkleben“, sondern halten mithilfe der Synovialflüssigkeit auch Gelenke zusammen.
Gelenkbänder außerhalb und/oder innerhalb des Gelenks verbinden die beteiligten Knochen. Die bekanntesten Gelenkbänder sind die innerhalb des Kniegelenks verlaufenden Kreuzbänder (die bei Fußballspielern und manchen Hunden gerne reißen) und die Seitenbänder der Sprunggelenke, die beim Menschen häufiger verletzt werden als beim Hund. Für zusätzliche Stabilität sorgt die Gelenkkapsel, die das Ganze umschließt. Die derbe Kapsel produziert auf der Innenseite die Synovialflüssigkeit.
Auch die Muskeln und Sehnen außerhalb der Gelenke haben eine wichtige Funktion für die Gelenkgesundheit. Kräftige Muskeln bewegen nicht nur die Gelenkanteile, sie stabilisieren die Gelenke und sind in der Bewegung an der Stoßdämpfung beteiligt.
In einem gesunden Gelenk passen die verschiedenen Teile optimal zueinander. Die einwirkenden Kräfte verteilen sich dadurch möglichst gleichmäßig. Der Gelenkverschleiß wird durch eine gesunde Gelenkform, gesunden Gelenkknorpel und die richtige Menge Gelenkschmiere minimiert. Regelmäßige Bewegung ernährt den Knorpel, trainiert die Muskeln, hält Sehnen und Bänder geschmeidig und hilft dabei, schlank zu bleiben.

Was passiert bei Arthrose im Gelenk?
Bei einer degenerativen Gelenkerkrankung wird zunächst der glatte Knorpel beschädigt bzw. zerstört. Seine Schichtdicke verringert sich. Knorpelfragmente können frei im Gelenk schwimmen und als „Gelenkmäuse“ zusätzliche Beschwerden und Schäden verursachen. Der als Reparaturversuch gebildete Ersatzknorpel ist weder so belastbar noch so elastisch wie der ursprüngliche Gelenkknorpel. Um Fehlbelastungen auszugleichen verdickt sich der gelenknahe Knochen. Es entstehen Knochenauswüchse, sogenannte Osteophyten. Die Gelenkkapsel kann sich entzünden, verkalken und verknöchern. Im Endstadium ist das Gelenk massiv geschädigt und deformiert.

Wie kommt es zur Arthrose?
Arthrose kann infolge von Dysplasien auftreten. Da ist die Deformation des dysplastischen (fehlgebildeten) Gelenkes Ursache einer permanenten Fehl- und Überbelastung der Gelenkstrukturen. Am bekanntesten ist wohl die Hüftgelenksdysplasie oder HD. In den derart mißgebildeten Hüftgelenken können sich die einwirkenden Kräfte nicht gleichmäßig verteilen. Der Gelenkknorpel wird deshalb ungleichmäßig abgenutzt. Um das zu verhindern, betreibt der RZV seit den 1960-er Jahren eine konsequente Zuchtauslese gegen HD. Bei Retrieverrassen kommt häufig die als ED abgekürzte Ellenbogendysplasie vor (siehe Foto).

Auch nach Traumata können Arthrosen entstehen. Infolge von Unfällen, durch erworbene Fehlstellungen, nach Knochenoperationen, durch Fehlbelastungen (z.B. durch falsches, einseitiges Training) und durch Überlastung (z.B. durch Übergewicht) sind negative Einflüsse auf die Gelenke möglich, die letztlich in Arthrose enden. Nicht zu unterschätzen sind dabei Mikrotraumata, die vor allem bei wachsenden Hunden durch (vom Besitzer oft gar nicht als riskant wahrgenommene) Überbeanspruchung zu irreversiblen Gelenkschäden führen können. Eine Sonderform der Arthrose ist die Spondylarthrose oder Spondylose der Wirbelsäule (siehe Foto).
Hier verknöchern Bandstrukturen auf der Unterseite der Wirbelsäule. Das kann zu starken Rückenschmerzen führen. Das Endstadium ist eine stark verknöcherte, unbewegliche Wirbelsäule. Aber wenigstens tut es dann nicht mehr weh.

Übergewicht ist ein starkes Risiko für Arthrose. Zum einen belastet jedes unnötige Kilo Körpergewicht die Gelenke rein mechanisch zu stark. In der Bewegung müssen die Gelenke ja viel mehr aushalten als das reine Körpergewicht! Ein 70kg schwerer Mensch belastet seine Kniegelenke im Stehen mit 70kg. Beim Gehen steigt diese Belastung auf 210kg, beim Laufen auf 315kg. Beim Springen müssen diese Knie sogar 490kg aushalten, also das Siebenfache! Beim Hund ist das prinzipiell genau so. Vor allem Sporthunde sollen deshalb unbedingt schlank gehalten werden, und Hunde mit bekannter Arthrose sollen lieber ein Kilo zu wenig als ein Pfund zu viel auf den Rippen haben.

Übergewicht schadet nicht nur durch die enorme mechanische (Gewichts-) Belastung. Fettgewebe produziert Entzündungsmediatoren, die die degenerativen Prozesse verstärken und Entzündungen (Arthritis) fördern. Der Teufelskreis verstärkt sich, weil der Arthrosepatient schmerzbedingt bewegungsunlustig wird. Der nachfolgende Muskelabbau verringert die Stabilität, reduziert die Entlastung und Stoßdämpfung der Gelenke und verringert den Kalorienverbrauch. Es wird also umso leichter Übergewicht zugelegt, je weniger die Muskulatur trainiert wird.
In der Praxis bin ich immer wieder fasziniert, wenn Arthrosepatienten allein aufgrund einer schonend durchgeführten Gewichtsreduktion mehr Lebensqualität bekommen und oft keine Schmerztabletten (oder deutlich weniger als vorher) benötigen.

Welche Symptome zeigen eine Arthrose an?
Die offensichtlichste Krankheitserscheinung bei Gelenkverschleiß ist der Schmerz. Viele Hundebesitzer glauben leider nicht, dass ihr arthrotischer Hund unter Schmerzen leidet. Schließlich jammert oder winselt er nicht. Aber veränderte Bewegungsabläufe, Schonhaltungen, Bewegungsunlust, Lahmheiten oder Humpeln sind eindeutige Signale. Gerade temperamentvolle und triebstarke Hunde „vergessen“ manchmal den Schmerz. Wenn sie ihr Lieblingsspielzeug, ihren besten Freund (oder ihren Erzfeind), den Helfer mit Hetzarm oder einen Hasen auf dem Feld sehen, starten sie durch. Das heißt aber nicht, dass sie keine Schmerzen haben.
Wenn etwas anderes wichtiger ist, blendet der Hund sein Problem aus. Auch bei uns Menschen wird Schmerz oft als weniger belastend empfunden, wenn wir uns auf ablenkende Dinge konzentrieren können. Und wenn wir uns dann nachts zum Schlafen ins Bett legen, pocht der entzündete Zahn oder zwickt die Arthrose so stark, wie wir es über Tag gar nicht wahrgenommen haben.
Eindeutiges Lahmen bzw. Hinken, aber auch ein steifer Gang, die Vermeidung bestimmter Bewegungen, verringerte Spiel- oder Arbeitsfreude und reduzierte Ausdauer können auf Schmerzen durch Gelenkverschleiß hinweisen. Typisch für Arthrose ist ein sogenannter „Anlaufschmerz“, wo das Tier nach dem Liegen deutlich lahmt, sich mit zunehmender Bewegung aber „einläuft“ und die Lahmheit nachlässt.
In chronischen Fällen bemerkt man häufig Muskelschwund. Bei einseitiger Hüftgelenksarthrose sieht man zum Beispiel, dass die Kruppe auf der betroffenen Seite weniger gerundet ist und der Oberschenkel dünner wird. Das kranke Bein wird weniger belastet. Dadurch bilden sich die weniger beanspruchten Muskeln zurück. Ein Teufelskreis kommt in Gang.

Wenn die Pfoten wegen der Schmerzen nicht mehr ausreichend angehoben werden, nutzen sich die Krallen übermäßig ab. Oft sind sie dann an der Vorder- oder sogar Oberseite abgeschliffen. Chronische Schmerzen machen außerdem schlechte Laune: ein in jungen Jahren umgänglicher Hund kann mit im Alter zunehmender Arthrose griesgrämig oder sogar bissig werden. (Wenn Sie das nächste Mal vom Ischias geplagt werden fragen Sie sich mal, ob sie in diesem Zustand am Rücken getätschelt oder zu schmerzhaften Bewegungen genötigt werden wollen. Vermutlich nicht, oder?).

Wie wird Arthrose behandelt?
Ganz wichtig für Arthrosepatienten ist ein optimales, schlankes Körpergewicht. Übergewicht verstärkt die Belastung der kranken Gelenke. Fettgewebe produziert außerdem Entzündungsmediatoren und verstärkt dadurch den ganzen Teufelskreis. Ein multimodaler Ansatz setzt auf optimale Ernährung, schlanke Figur, wohlüberlegtes körperliches Training, manuelle Therapie (Massagen), Physiotherapie und bei Bedarf Medikamente. Der Platz reicht nicht, um alle Details zu erklären. Deshalb gebe ich eine kleine Übersicht.

Physiotherapie, Massage, Akupunktur, Schwimmen
Ein angepasstes Muskeltraining und Physiotherapie sind enorm hilfreich. Die Lebensqualität der Patienten bessert sich spürbar. Leider sind gute TierphysiotherapeutInnen rar. Diese nicht geschützte Berufsbezeichnung wird auch von Menschen geführt, die wenig Ahnung von Anatomie, Physiologie und gesunder Bewegung haben. Die Tierphysiotherapeuten aber, die eine solide Ausbildung haben, sich ständig weiterbilden und viel Erfahrung haben, sind unbezahlbar. Mit gezielten aktiven und passiven Übungen unterstützen sie den Muskelaufbau und die Beweglichkeit. Massagen und Faszientechniken lösen Verspannungen und fördern die Beweglichkeit. Wärme („heiße Rolle“) oder Kälte („Kryotherapie“) wird gezielt eingesetzt. Nadel- oder Laserakupunktur können schmerzlindernd wirken. Schwimmen
ist eine gelenkschonende Bewegung. Im Wasser müssen die Gelenke nicht das ganze Körpergewicht tragen. Aber nicht in jedem Fall ist das Hundeschwimmbad für die Therapie ideal, und die Nutzung des Unterwasserlaufbands kann auch mehr schaden als nutzen. Besprechen Sie solche Maßnahmen mit Ihrem Tierarzt/Ihrer Tierärztin und Ihrem Tierphysiotherapeuten/Ihrer Tierphysiotherapeutin.

Nahrungsergänzungsmittel, Phytomedizin
Präparate zur Linderung von Arthrose sind sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tiermedizin ein millionenschwerer Markt. Nicht alles, was da als heilsbringend vermarktet wird, hilft wirklich. Präparate mit Extrakt aus neuseeländischen Grünlippmuscheln enthalten Chondroitinsulfat und Glykosaminglykan. Diese Stoffe sind am Aufbau von Gelenkknorpel und -schmiere beteiligt. Auch wenn solche Präparate nicht unumstritten sind (gute und eindeutige Studien zum Beweis der Wirkung fehlen meines Wissens) ist mein Eindruck, dass sie den arthrosekranken Hunden therapiebegleitend helfen. Allerdings spielt die Art der Herstellung und die Konzentration der Wirkstoffe eine große Rolle. Es gibt enorme Qualitäts- und damit Preisunterschiede. Ob als Nahrungsergänzung gefüttertes Kollagen oder Hyaluronsäure den Magen-Darm-Trakt überlebt und bis in die Gelenke vordringt, ist vorsichtig formuliert zweifelhaft. Aber Schaden richtet man damit auch nicht an. Kieselsäure soll die Gelenkkapsel stabilisieren helfen. Pflanzen wie Teufelskralle, Weidenrinde, Weihrauch und Kurkuma entfalten entzündungslindernde und damit schmerzlindernde Effekte. Da alles, was eine Wirkung hat, auch Nebenwirkungen haben kann, besprechen Sie den Einsatz mit ihrem Tierarzt/Ihrer Tierärztin.
Ganz modern ist derzeit MSM (Methylsulfonylmethan). Die Studienlage ist unklar.
Eine nachweisbare Wirkung haben Omega-3-Fettsäuren durch ihren entzündungslindernden Effekt. Wichtig ist ein hoher Gehalt an den Fettsäuren DHA (Dokosahexaensäure) und EPA (Eikosapentaensäure). Entsprechende Präparate kann Ihr Tierarzt/Ihre Tierärztin Ihnen empfehlen. Die Kombination mit Glukosaminen scheint besonders effektiv zu sein.

Homöopathie und Goldimplantation
Wenn dem Patienten wirkungsvolle Therapien nicht vorenthalten werden, spricht nichts gegen den therapiebegleitenden Einsatz von Hömöopathika. (Dass allerdings ein Tropfen Wirkstoff im Ozean tatsächlich eine Wirkung entfalten soll, glaube ich persönlich nicht. Überzeugende seriöse Wirksamkeitsstudien fehlen bislang.) Das bekannte Präparat Zeel enthält verschiedene homöopathische Wirkstoffe in höheren Dosen. Bei degenerativen Gelenkerkrankungen scheint es eine gewisse Wirkung zu entfalten. In akuten Schüben kann es kombiniert mit dem ebenfalls altbewährten Traumeel gegeben werden.
Goldakupunktur ist in Fachkreisen umstritten. Entsprechende Tierarztpraxen vermarkten sich teilweise wie Gurus. Überzeugende Wirksamkeitsstudien fehlen bislang. Ich habe in der Praxis einige Patienten, die Goldimplantate bekommen haben. Abgesehen davon, dass der Guru mindestens einen HD-freien Hund mal eben als mittlere HD eingestuft hat um auch die Hüftgelenke zu vergolden, war kein positiver Effekt spürbar. Ob das viele Geld wirklich gut angelegt ist?
Die Berichte von Besserungen lassen sich durch den wellenförmigen Verlauf von Arthrosen mit besseren und schlechteren Phasen und durch einen Placebo-Effekt erklären. Im Falle der Goldakupunktur spielt auch eine Rolle, dass die für die Implantation notwendige Anästhesie zu einer maximalen Muskelentspannung führt, die alleine schon einen schmerzlindernden Effekt über die eigentliche Narkosedauer hinaus haben kann. Auch der Wunsch nach Verbesserung trübt den kritischen Blick. Wenn behandelnde Therapeuten und zahlende Tierbesitzer den Effekt von Homöopathie oder Goldakupunktur beurteilen, kommen in entsprechenden
Untersuchungen regelmäßig bessere Ergebnisse zutage als wenn unbeteiligte orthopädische Tierärzte die Veränderungen objektiv beurteilen.

Medikamente
Bei starken Schmerzen sind „richtige“ Medikamente nötig. Wichtig ist, dass sie nicht alleine helfen, sondern im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie zusammen mit Gewichtsreduktion (wenn nötig), angepasstem Bewegungstraining, Massagen und Physiotherapie eingesetzt werden. Bei der Vielzahl an Möglichkeiten besprechen Sie mit Ihrem Tierarzt/Ihrer Tierärztin unbedingt, was für Ihren Hund am besten ist. Was bei dem einen gut funktioniert kann bei dem anderen unzureichend helfen oder unerwünschte Nebenwirkungen entfalten. Es gibt nicht das eine Patentrezept. Die nachfolgenden Medikamente sind rezeptpflichtig, also nur nach tierärztlicher Untersuchung auf tierärztliche Verschreibung erhältlich.
Nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAIDs) sind die gängigsten Schmerzmittel in der Tiermedizin. Innerhalb dieser Stoffklasse sind die sogenannten COX-Hemmer oder Coxibe am verbreitetsten. Hierzu gehören bekannte Präparate wie Rimadyl, Metacam, Onsior, Prevomax, Trocoxil und ihre Generika („Nachahmerpräparate“ nach Ablauf des Patentschutzes). Sie wirken schmerzlindernd. Die zusätzlichen entzündungshemmenden und abschwellenden Effekte sind bei akuten Arthroseschüben hochwillkommen. Nebenwirkungen sind selten, aber Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall kommen bei manchen Patienten vor. Einen anderen Wirkungsweg innerhalb der NSAIDs beschreitet das relativ neue Galliprant. Es hemmt einen Prostaglandinrezeptor und wirkt so schmerzlindernd. Nebenwirkungen sollen dadurch seltener sein als bei Coxiben.
Im Gegensatz zu nichtsteroidalen Entzündungungshemmern wirken auch Steroide gut (wenn nicht besser als NSAIDs) gegen Entzündungen. Cortison wie Prednisolon, Dexamethason oder Triamcinolon wirken stark entzündungshemmend und abschwellend und bekämpfen dadurch auch Schmerzen. Cortison hat eine Reihe von kontraproduktiven Nebenwirkungen. Hunger und Durst werden verstärkt, die meisten Cortisonpatienten nehmen zu. Manche verlieren durch den starken Harndrang ihre Stubenreinheit. Wundheilungsstörungen, Muskelschwund und Knorpelschädigungen sind weitere Nachteile. Cortison sollte also nur bei strenger Indikationsstellung gezielt eingesetzt werden. Bei autoimmunen Krankheiten wie Rheuma ist es ein Segen, bei Arthrosen halte ich NSAIDs für die besser Wahl. Cortison darf nicht abrupt abgesetzt
werden; es muß nach der Therapie ausgeschlichen werden.
Das Epilepsiemittel Gabapentin wirkt gut gegen neuropathische Schmerzen und kann bei Arthrosen zusätzlich zu NSAIDs eingesetzt werden. Es muss dreimal täglich verabreicht werden. Wie Cortison darf man es nicht plötzlich absetzen, sondern muss ausschleichen.
Opiate, Morphine und morphinähnliche Medikamente sind sehr starke Schmerzmittel. Die meisten fallen unter das Betäubungsmittelgesetz. Als Nebenwirkung können Müdigkeit, Taumeligkeit, Übelkeit und Verstopfung auftreten. Manche dieser Wirkstoffe funktionieren nur, wenn der Patient bestimmte Rezeptoren hat. Das schränkt den Einsatz des relativ neuen Schmerzmittels Tralieve (Wirkstoff Tramadol) beim Hund ein. Einem erheblichen Teil der Patienten fehlt dieser Ansatzpunkt und deshalb stellt sich auch bei korrekter Dosierung kein schmerzlindernder Effekt ein.
Ganz neu ist der Einsatz von monoklonalen Antikörpern gegen Schmerzen. Seit März 2021 gibt es eine entsprechende Spritze, deren schmerzlindernde Wirkung rund vier Wochen anhält. Man kann sich das als eine Art Impfung gegen Schmerz vorstellen. In meiner Praxis habe ich inzwischen mehrere, z.T. hochschmerzhafte Arthrosepatienten damit behandelt. Die Wirkung ist bisher noch besser als erhofft. Allerdings muss man darauf achten, den nun schmerzfreien Hund nicht zu überlasten, denn die Mechanik seiner degenerierten Gelenke ist ja unverändert schlecht. Bestrahlungstherapien werden nicht nur bei der Behandlung von Krebs, sondern auch zur Schmerzbehandlung eingesetzt. Meist sind mehrere Bestrahlungsfraktionen nötig, die unter Narkose erfolgen. Vor allem bei Hunden, die nur ein oder wenige Gelenke mit Arthrose haben und auf Schmerzmittel mit starken Nebenwirkungen reagieren ist das eine echte Alternative.

Gelenkprothesen sind manchmal der letzte Ausweg, wenn man einen Patienten nicht anders schmerzfrei bekommt. Totalendoprothesen (TEP) der Hüftgelenke sind in der Humanmedizin Routine und auch bei Hunden weit verbreitet. Bei anderen, komplizierter aufgebauten Gelenken gestaltet sich der Ersatz schwieriger. Teuer ist es allemal. Hunden bis 20kg Körpergewicht kann man auch statt eine Hüftprothese einzubauen den Oberschenkelkopf entfernen. Während der Wundheilung bildet sich ein Scheingelenk, das dem Hund eine schmerzfreie Bewegung erlaubt. Für schwerere Hunde wie unsere Hovawarte ist das keine Option, da das größere Körpergewicht eine größere Stabilität erfordert. Zum Glück kommt HD bei unserer Rasse selten vor.

Was hat Hundezucht mit Arthrose zu tun?
In unserer Vereinszeitschrift „Der Hovawart“ wurde im Mai 2021 das Buch „Welpentest und Hundeanalyse. Körperbau – Fit for Function einfach erklärt“ von Doris Walder, Eva Holderegger-Walser und Pat Hastings (Müller Rüschlikon) vorgestellt. Die Autorinnen erklären, welche körperlichen Merkmale mit einem weitestgehend ungestörten Bewegungsablauf verbunden sind. Auch wenn ich nicht weiß, ob alle Details wirklich genau so gesetzmäßig sind wie behauptet, sicher ist: ein gesunder, funktionaler Körperbau und eine schlanke Figur sind elementar wichtig für einen gesunden Hund.


Beitrag eingestellt durch presse.olnds

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