Warum Beutetrieb nicht gleich Jagdtrieb ist

Zwei Triebe, die es zu verstehen gilt


TEXT Kirsten Breidenbach FOTO Dr. Jürgen Manschitz

Vor einiger Zeit hörte ich einen Podcast über die Rasse Hovawart, der mich stark ins Grübeln brachte. Eine Hundebesitzerin sprach dort zunächst über den Beutetrieb der Hovawarte – doch schon nach wenigen Minuten kam es zu einer Verwechslung: Die Moderatorin, die offenbar wenig Erfahrung mit Gebrauchshunden hatte, sprach plötzlich von Jagdtrieb, und die Besitzerin stimmte zu, indem sie sagte, dass gerade der RZV bei seinen Welpen Wert auf einen ausgeprägten Jagdtrieb legt. Mir stockte bei der Aussage der Atem.

Diese Verwechslung zeigt erneut, dass Beutetrieb und Jagdtrieb aufgrund von Unwissenheit durcheinandergebracht werden. Für mich Anlass genug, auf einfache Weise zu erläutern, worin sich diese beiden Triebe unterscheiden.

Jagd- und Beutetrieb: Ein Instinkt und (s)ein Verhalten

Es gibt immer wieder Missverständnisse darüber, was genau der Unterschied zwischen Jagdtrieb und Beutetrieb bei Hunden ist. Beide Begriffe werden oft leider synonym verwendet, obwohl sie zwei unterschiedliche Aspekte beschreiben. Ein tieferes Verständnis dieser Begriffe ist besonders wichtig für Hovawart-Interessierte und Hovawart-Neulinge. In diesem Artikel möchte ich die beiden Begriffe verständlich erklären und abschließend darauf eingehen, warum bei den Hovawarten der Beutetrieb bei Zuchtveranstaltungen wie Jugendbeurteilungen oder Zuchttauglichkeitsprüfungen gefordert wird.

Der Jagdtrieb: Ein evolutionäres Erbe

Der Jagdtrieb ist ein angeborenes Verhalten, das sich bei Hunden im Laufe der Evolution entwickelt hat. Er geht auf die Zeit zurück, als Hunde oder ihre Vorfahren noch aktiv auf Nahrungssuche angewiesen waren. Der Jagdtrieb umfasst die gesamte Kette von Verhaltensweisen, die darauf abzielen, ein Tier aufzuspüren, zu verfolgen, zu fangen und zu töten. Diese sogenannte „Jagdsequenz“ besteht aus verschiedenen Phasen, die je nach Rasse und individuellen Fähigkeiten unterschiedlich stark ausgeprägt sind.

1. Ortung: Der Hund spürt die Anwesenheit von Beute durch seinen hochentwickelten Geruchssinn oder sein Gehör auf.

2. Fixieren und Beobachten: Hat der Hund die Beute lokalisiert, folgt das Fixieren, bei dem er sich intensiv auf die Beute konzentriert.

3. Hetzen: Viele Jagdhunde jagen ihre Beute in vollem Lauf. Diese Phase wird besonders bei Hunden wie Windhunden deutlich, die für die Hetzjagd gezüchtet wurden.

4. Packen und Töten: Einige Rassen sind darauf spezialisiert, Beute zu packen und zu töten, was sich häufig bei Terriern zeigt, die speziell für die Jagd auf kleine Säugetiere gezüchtet wurden.

Der Jagdtrieb hat also ein klares Ziel: das Überleben durch Nahrungssuche und das Erlegen von Beute. Es ist ein komplexer Instinkt, der sich nicht nur auf das Fangen von Beute beschränkt, sondern den gesamten Jagdprozess beinhaltet.

Der Beutetrieb: Spiel und Beuteverhalten

Der Beutetrieb ist ein Teil der Jagdsequenz, der jedoch auf einen ganz bestimmten Abschnitt des Jagdverhaltens reduziert ist: das Ergreifen und Festhalten der Beute. Im Unterschied zum Jagdtrieb geht es beim Beutetrieb nicht um das gesamte Jagdverhalten, sondern vor allem um die Motivation, sich bewegenden Objekten hinterherzujagen, sie zu fangen und festzuhalten. Dieser Trieb lässt sich leicht im Spiel (z.B. mit dem Ball, einem Zerrspielzeug uvm.) mit dem Hund beobachten.

Wenn wir es sehr genau nehmen wollen, ist das, was wir Beutetrieb nennen, ein Verhalten. Das sogenannte Beuteverhalten.

Der Beutetrieb ist besonders bei Gebrauchshunden gefragt, da diese Hunde oft dazu ausgebildet werden, Beute für den Menschen zu „erarbeiten“, sei es durch das Apportieren oder das Festhalten eines Objekts. Der Beutetrieb ist bei vielen Hunderassen von Vorteil, da er die Zusammenarbeit zwischen Hund und Mensch fördert.

Ein Beispiel für den Beutetrieb ist das Apportiertraining: Der Hund jagt einem geworfenen Gegenstand hinterher, ergreift ihn und bringt ihn dem Hundeführer zurück. Dies ist kein „Jagdverhalten“ im klassischen Sinne, da die Beute nicht gehetzt, getötet oder verspeist wird. Stattdessen dient der Beutetrieb in diesem Zusammenhang dazu, den Hund in seiner Veranlagung sinnvoll zu beschäftigen und auszubilden.

Warum wird der Beutetrieb bei Zuchtprüfungen gefordert?

Bei Zuchtveranstaltungen wie der Jugendbeurteilung oder Zuchttauglichkeitsprüfung ist der Beutetrieb ein wesentlicher Bestandteil der Bewertung. Der Grund dafür liegt in der besonderen Bedeutung dieses Triebes für die Gebrauchsfähigkeit des Hundes.
Gebrauchshunde, egal ob sie als Diensthund z.B. in der Rettungshundestaffel, im Polizei-/Bundeswehrdienst, den Schutzdienst oder für andere Aufgaben eingesetzt werden, müssen eine ausgeprägte Motivation haben, zu arbeiten und mit ihrem Hundeführer zu kooperieren. Der Beutetrieb bietet eine hervorragende Grundlage dafür, da er leicht im Training genutzt werden kann, um den Hund zu motivieren.

Ein Hund mit starkem Beutetrieb wird freudig auf Bälle, Dummys oder andere bewegte Objekte reagieren, was im Training und in der Praxis sehr hilfreich ist. So können diese Hunde auch in anspruchsvollen Situationen gut gesteuert werden und behalten ihren Arbeitseifer. Besonders in der frühen Ausbildung von Junghunden zeigt sich der Beutetrieb oft deutlich und gibt wichtige Hinweise auf das zukünftige Arbeitsverhalten des Hundes.

Fazit: Zwei Triebe, die es zu verstehen gilt

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Jagdtrieb ein Instinkt ist, zu dem der Beutetrieb als Verhalten gehört.

Der Jagdtrieb (ein Instinkt) ist eine umfassende, genetisch verankerte Sequenz von Verhaltensweisen, bei dem das Erlegen der Beute zum Lebenserhaltungstrieb / zur Nahrungsaufnahme gehört. Instinkte sind angeborenes „Können“.
Der Beutetrieb/das Beuteverhalten ist ein Teil der Jagdsequenz und konzentriert sich auf das Ergreifen und Festhalten von Beute oder Beuteobjekten und ist im alltäglichen Training und der Ausbildung von Gebrauchshunden von großem Nutzen. Ein Trieb ist angeborenes „Wollen“.
Für Züchter, Hundetrainer und Besitzer ist es wichtig, diese Unterschiede zu verstehen, den Hund aufgrund seiner natürlichen Instinkte und Triebe gezielt zu fördern, damit seine Bedürfnisse zu befriedigen und für ein harmonisches Miteinander zu sorgen.


Beitrag eingestellt durch presse.olnds

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