Ja zum Bauchgefühl
oder: Wie finde ich eine gute Welpenstunde?
TEXT und FOTOS Karolina Krüger
Der RZV bietet meines Wissens nach als einziger Zuchtverein eine fundierte Ausbildung für Welpenbetreuer an. Viel Theorie zur Entwicklung und Lernverhalten sowie Praxis wird an zwei Wochenenden vermittelt, und die Teilnehmer weisen ihre Sachkenntnis durch eine Prüfung nach. Leider findet jedoch nicht jeder Welpenbesitzer in seinem Umfeld einen RZV-Welpenplatz, und so macht er sich auf die Suche nach einem alternativen Angebot.
Unabhängig davon, ob RZV-Stunde oder eine andere, ist es immer ein Gewinn, wenn es sich um gemischte Gruppen handelt. Gerade der Hovawart profitiert ungemein, wenn er im jungen Alter Hunde von unterschiedlichem Aussehen, Größe, Farbe und Körperbau, Spitz- oder Schlappohren kennenlernen darf.
Die Zeit, bevor der Welpe einzieht, ist die beste, um sich über die Angebote zu informieren: Ohne Zeitdruck schauen, fragen, beobachten und vor allem ohne den Welpen unerwarteten Situationen auszusetzen. Hier trennt sich schon die Spreu vom Weizen, und ich bekomme ein Gespür dafür, was mir für meinen Welpen gefällt.
Die erste Frage, ob Hundeverein oder Hundeschule, ist ganz einfach zu beantworten: Das kommt darauf an.
Letztendlich ist es nur wichtig, dass mein Welpe und ich uns dort wohlfühlen und die Inhalte und der Umgang mit den Hunden meinen Vorstellungen entsprechen. Das ist sehr individuell, je nachdem, was ich mit meinem Welpen machen möchte, wie viel Erfahrung ich bereits mitbringe, oder wie ich mir das spätere Zusammenleben vorstelle.
Schön sind abwechslungsreiche Angebote, die sowohl das innerartliche, also das Spiel der Hunde untereinander, als auch das zwischenartliche Spiel von Mensch und Hund als feste Bestandteile der Stunde anbieten. Spiel ist der Motor des Lernens und der Teambildung. Ein gutes, also ausgeglichenes Spiel lässt den Hund ein gutes Körpergefühl und Selbstbewusstsein entwickeln. Eine Welpenstunde, in der der Hund nicht mit seinem Besitzer spielen soll oder darf, ist verschwendete Zeit.
Echtes Spiel, ob mit Hund oder Mensch, findet ausschließlich in einem entspannten Feld statt. Nur wenn ein Welpe alle seine Grundbedürfnisse erfüllt hat und ausgeruht ist, sich geborgen und sicher fühlt, nur dann wird er sich auf ein Spiel einlassen können.
Ist die Gruppe oder sind die Altersunterschiede zu groß, sind die Welpen mental oder körperlich unterlegen, dann werden sie ums Überleben kämpfen statt zu spielen. Ein Altersunterschied von maximal drei Wochen hat sich in der Praxis sehr bewährt. Im ausgeglichenen Spiel schlüpfen die Welpen in wechselnde Rollen, sie probieren sich aus und lassen aber dem Gegenüber Freiräume. Sie jagen, werden gejagt und werfen sich mit einer Judorolle in den Staub, um dem anderen einen Sieg zu gewähren. Wie bei Kindern finden auch die Welpen kaum den richtigen Moment um aufzuhören. Deshalb ist es gut, wenn die Trainer auf kurze Spieleinheiten achten, bevor alle Kräfte aufgebraucht sind und die Lust am Spiel mitgenommen werden kann in die nächste Runde.
Die erste „Stunde“ auf dem Platz ist eine zum Ankommen, das Gelände zu erkunden und gemeinsam mit seinem Menschen einen Streifzug durch unbekanntes Terrain zu machen. Faustregel ist, je jünger der Hund, desto kürzer die „Stunde“. Leerlauf und Wartezeiten zwischen den Übungen sind willkommene Auszeiten um Erlebtes zu verarbeiten.
Die Gruppengröße folgt dem Grundsatz: Weniger ist mehr. Je nach Trainerzahl sind 4 – 8 Teilnehmer ein guter Richtwert. Ein guter Trainer erkennt, welche Passungen gut harmonieren, er schreitet ein, wenn das Gleichgewicht im Spiel kippt, er ermahnt Rüpel und führt die Gruppe souverän. Neben der Praxis ist auch die Theorie ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum Team. Der Trainer beschreibt die Situation, die er im innerartlichen Spiel beobachtet und gibt so Einblicke in die Körpersprache mit auf den Weg. Wissenswertes über die Entwicklung, Lernverhalten, Erste Hilfe, Praxistipps für die auftretenden Krisen im Zusammenleben mit einem Welpen, all das wird vermittelt und individuelle Fragen finden stets ein offenes Ohr. Hier zahlt sich aus, dass die Welpenbetreuer des RZV auf fundiertes Wissen aus der Ausbildung eigener Hunde, dem Erwerb des Basisscheins, der Hospitanz und den regelmäßigen Fortbildungen zurückgreifen können.
Eine gute Welpenstunde arbeitet mit Spannungsbögen, in denen aktive und ruhige Phasen sich abwechseln, setzt durch das Umfeld Impulse und konfrontiert das Mensch-Hund-Team mit kleinen bewältigbaren Abenteuern.
Da wird balanciert, gewippt, geklettert, optische, haptische oder akustische Reize gesetzt und auch mal Ungeliebtes ausgehalten. Bindungsaufbau ist die große Überschrift über einer guten Welpenstunde. Der Welpe erfährt, dass sein Fürsorgegarant verlässlich ist, seinem Urteil vertraut werden kann und unter seiner Führung alle Lebenslagen zu bewältigen sind. Duldungsübungen wie zum Beispiel Zähne zeigen, Messen lassen, getragen werden oder einfach nur neben dem Hundebesitzer zur Ruhe kommen, sind hierbei ein unverzichtbares Werkzeug. Gleichzeitig steigt auch das Zutrauen in den Welpen, ein unsichtbares Band der Bindung ersetzt nach und nach die Leine zwischen Mensch und Hund. In dem ersten Vierteljahr bleibt bei diesen vielen Facetten des Zusammenlebens kaum Spielraum für reine Unterordnungselemente, die in Welpenstunden leider viel zu oft in den Mittelpunkt gerückt werden. Erziehung genießt der Hund rund um die Uhr, da sollte man die kostbare Zeit in der Welpenstunde sinnvoller nutzen.
Fazit:
Eine gute Welpenstunde ist eine Abenteuerreise für das Hund-Mensch-Gespann, in der beide wachsen und Partner für’s Leben werden. Vertrauen Sie ihrem Bauchgefühl, nur dort, wo Sie sich beide wohlfühlen, werden Sie die Basis für ein gutes gemeinsames Lernen finden.
Spiel, Spaß, Spannung und was zum Naschen: Wie ein Überraschungsei, so sollte eine Welpenstunde sein!
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