Retter auf vier Pfoten

Erfolgreiche Tiersuche mit Anton und Frieda

Text: Sarah Severit

Die eigentlichen Hauptdarsteller dieses Rettungseinsatzes sind Anton von der Kreideküste, vier Jahre alt, verspielt und lernfreudig, ein sanfter Riese, und natürlich Frieda, mein kesses Energiebündel von zwei Jahren.
Meine ganze Familie arbeitet gemeinsam in einem Unternehmen, und Anton wohnt mit meiner jüngeren Schwester und meinen Eltern zusammen. Vor 1,5 Jahren wollte ich einen eigenen Hund. Also schlug ich meinem Freund vor, wir könnten uns ja auch einen Hund anschaffen. Die Diskussionen begannen, ich wollte einen Rüden, er eine Hündin. Schließlich sagte ich: „Okay, dann möchte ich aber einen Hovawart.“ Seine Antwort: „Dann muss sie Frieda heißen!“ Am nächsten Tag guckte ich „nur zum Spaß“ im Internet und da war sie auch schon: „Frieda, sechs Monate, Hovi-Hündin sucht ein neues Zuhause“. Noch in derselben Woche haben wir sie uns angesehen und verliebt, drei Tage später zog sie bei uns ein.
Mit unseren beiden Hovis bin ich in unserer Hundeschule „Pfotenhausen“ leidenschaftlich gerne im Obedience und Mantrailing unterwegs und außerdem in der allgemeinen Hundetrainingsgruppe. Außerdem nehme ich sie gerne mit in den Reitstall, zum Ausreiten oder Spazieren.

In diesem Sommer dann hatten die beiden Gelegenheit zu zeigen, was in ihnen steckt.
Gegen 19 Uhr bekam ich einen Anruf von meiner besten Freundin Fabienne. Ihre Schwägerin sei Tierärztin und aus der Praxis sei Alma entlaufen, ein schwer kranker Hund, der dringend behandelt werden müsse. Ob ich nicht jemanden aus der Rettungshundestaffel kennen würde, der jetzt gleich helfen könne? Leider kenne ich keine geprüften Tiersuchhunde, aber ich traile ja mit Anton und Frieda, und so bot ich meine Hilfe an. Man kann es ja mal versuchen.

Ich lud also die Hunde ins Auto und wir fuhren zusammen mit meiner Freundin zu der Stelle, wo der kranke Hund zuletzt gesichtet worden war. Die Besitzer von Alma waren bereits vor Ort. Ich begrüßte sie und wir gingen gemeinsam zu deren Wagen.
Meine Freundin hatte Plastiktüten und sterile Wattetupfer mitgebracht. Damit rieb ich dann das Körbchen der entlaufenen Hündin ab, um einen Geruchsartikel herzustellen – die Besitzer waren ja vor Ort, so dass für meine Hunde klar war, das es um den Hund gehen würde und nicht um die Besitzer, denn die waren beide vor Ort.

Ich holte Frieda aus dem Auto, zog ihr das Geschirr an und ließ sie „Sitz“ machen. Es sollte ja alles möglichst so sein, wie wir es immer geübt hatten. Dann ließ ich sie dann am Geruchsstoff in der Tüte anriechen und gab ihr den Suchbefehl: „Trail“. Frieda begann sofort die Umgebung abzusuchen und hatte auch sehr schnell die Spur des Hundes in der Nase. Wir liefen los, den Feldweg entlang, am Rande eines Maisfeldes und durch Gestrüpp. Fabienne fuhr im angemessenen Abstand hinter uns her, um uns nicht zu stören. Ihr folgten Almas Besitzer mit ihrem Wagen.
Nach 20 Minuten brauchte Frieda dringend eine Pause. Wir unterbrachen, sie bekam ihre Belohnung, und ich habe sie ins Auto gebracht, und Anton war an der Reihe. Auch ihm habe ich ihm wie im Training das Geschirr angezogen und ihm den Geruchsartikel vor die Nase gehalten. Ich gab ihm den Trail-Befehl, und auch er nahm sehr schnell die Spur der entlaufenen Hündin auf. Nach einiger Zeit habe ich dann wieder den Hund gewechselt und Frieda war wieder dran. Nach der Pause war sie wieder hoch motiviert und arbeitete eifrig. So ging es ca. 1,5 Stunden, immer im Wechsel, immer wieder mit Pause für die Spürnasen. Aber dennoch: Das war Höchstleitung, was ich den beiden abverlangt habe.

Wir waren an einem riesigen Gebüsch an einer Wegkreuzung mitten im Wald angekommen, und Frieda war gerade dran, als sie mich immer wieder durch dasselbe dichte Unterholz führte. War das Proximity alert? Ich war unsicher und tauschte nochmal die Hunde, doch auch Anton zog mich wie ein Wilder durch das Unterholz und bestätigte meine Vermutung. Alma war ganz in der Nähe! Und nun? Von den ihr fremden Hunden direkt finden lassen würde sie sich wohl nicht, und die ängstliche Alma weiter treiben, das war keine Option. Es wurde mittlerweile schon dämmerig. Also packten wir meine Hunde ins Auto und schnappten uns die Taschenlampen, um das Gebiet abzusuchen.

Nichts zu sehen. Ich wurde wieder unsicher, ob nicht in dem Gebüsch nur ein Fuchsbau oder Ähnliches war. So setzte ich die Hunde wiederholt an verschiedenen Stellen an, um zu schauen, ob sie nicht woanders die Fährte wieder aufnehmen würden. Doch Anton und Frieda waren sich sicher: hier muss sie sein! Es gilt halt immer der Merksatz: „Trust your dog!“.

Die folgenden 45 Minuten verbrachten wir vier damit, alles mit Taschenlampen abzuleuchten und den vermissten Hund zu rufen. Und jetzt? Meine Hunde waren kaputt, keine Frage. Sie hatten einen tollen und sehr anstrengenden Job gemacht. Die Suchzeit betrug mittlerweile schon über zwei Stunden, und wir waren mehrere Kilometer dem Trail gefolgt. Mittlerweile war es dunkel geworden. So kamen wir nicht weiter.
Die Besitzer der kranken Hündin, Fabienne und ich beschlossen die Gegend weiter mit dem Auto abzusuchen. Wir wollten gerade los fahren, da kam Alma aus ihrem Versteck und lief seinen Besitzern in die Arme. Wir hatten sie gefunden, Frieda und Anton hatten sie gefunden, denn sie war genau da gewesen, wo die beiden sie angezeigt hatten! Wir waren alle überglücklich, und die kleine Ausreißerin konnte zurück zum Arzt gebracht und behandelt werden.


Sarah Severit (Foto) ist 27 Jahre alt und lebt mit ihrem Partner und ihrer Hovawarthündin Frieda im schönen Bad Bramstedt. 2017 kamen ihre Eltern mit Anton von der Kreideküste auf den Hovawart. 2019 zog Sarah nach und Junghündin Frieda ein. Für die älteren Hunde der Vorbesitzer war die Kleine zu lebhaft und spielte zu körperbezogen. Der früheren Besitzerin war empfohlen worden, die Hunde zu trennen. Ein Glücksfall für Sarah, die die wilde Hummel sehr zu schätzen weiß.  Die Hunde begleiten sie zur Arbeit und sind auch sonst überall dabei und für jeden Spaß zu haben, ob im Urlaub, im Reitstall oder bei Spaziergängen. Für die sportliche Auslastung der beiden ist Sarah zuständig. Sie trainiert Anton und Frieda im Mantrailing und im Obedience.


Anmerkung von Judith Lohaus, einer erfahrenen Mantrailerin:

Sarahs Einsatz und Hilfsbereitschaft sind bewundernswert. Nicht jede Hundeführerin springt abends vom Sofa und rennt bis spät in die Nacht für einen fremden Hund durch Wald und Feld. Aber sie alle haben auch ein Riesenglück gehabt.
Ein gut ausgebildeter Suchhund arbeitet maximal 20 Minuten, und dann ist Feierabend. Die nötige Konzentration und auch die körperliche Leistung bei der Nasenarbeit sind enorm, auch wenn es nicht so aussieht. Bei der Sucharbeit steigt die Körpertemperatur des Hundes um 2 Grad an.
Auch der Hundeführer braucht all seine Konzentration und übersieht womöglich wichtige Signale seines Hundes. Daher ist es immer gut, wenn dieser bei der Suche von einem back up, also einem Suchhelfer, unterstützt und begleitet wird.
Bei der Suche nach verletzten und ängstlichen Hunden muss man immer sehr vorsichtig vorgehen. Denn der zu suchende Hund hört und riecht einen als Suchteam viel eher, und womöglich versetzt man ihn in Panik und treibt ihn nur weiter vor sich her. Alma ist ja genau dann aus dem Gebüsch hervor gekommen, als es ruhiger wurde.
Toll gemacht und viel Glück gehabt.


EIngestellt von der stv. Pressewartin LG NNO